
Prof. Dr. Nils Neuber
Professor für Bildung und Unterricht im Sport der Universität Münster

Thorben Döding
Assistenztrainer des Zweitligisten Uni Baskets Münster
Was ist gameday.ms – Quick 3?
Ein Drei-Punkte-Wurf ist im Basketball das Sahnehäubchen – im Journalismus sind kurz-knackige Interviews äußerst beliebt. Im gameday kombinieren wir beides: Ein Angehöriger des UBC Münster und ein Uni-Angehöriger stellen sich gegenseitig drei Fragen.
Wir halten es gerne mit Albert Einstein: „Wichtig ist, dass man nie aufhört zu fragen.“
Körpererfahrung ist für das Aufwachsen junger Menschen sehr wichtig.

Haben Kinder Lust, zu trainieren, sollten wir sie unbedingt unterstützen.


Im Schulsport gibt es immer einen doppelten Auftrag: den Sport selbst und immer etwas über ihn hinaus. Was lernen die Kinder und Jugendlichen bei euch im Basketball?

Basketball besticht als Teamsport durch großen Zusammenhalt, wodurch Kinder schon ab dem Mini-Basketball soziale Verhaltensweisen lernen. Über rasante Wechsel von maximal 24 Sekunden in Offensive und Defensive fördert er die Handlungsschnelligkeit und körperliche Entwicklung in vielen Facetten. Kinder lernen in Sekundenbruchteilen, Entscheidungen zu treffen, bis hin zur Intuition, was auch andere Lebensbereiche und den Alltag erleichtern kann. Sie bekommen über viele Abschlüsse in der gesamten Spielzeit ebenso Erfolgserlebnisse, wie sie Frustrationstoleranz lernen und sich schnell auf die nächste Aktion konzentrieren müssen.

Wie stehst du als Bildungsexperte zur boomenden künstlichen Intelligenz und Virtual Reality und generell zur Digitalisierung im Schulsport, aber auch im Vereinssport?

Wir können nicht ohne die Digitalität Jugendsport inszenieren. Da wären wir völlig andere Realität vorbei und der Schulsport würde seinen Auftrag nicht erfüllen. Apps zur Trainingshilfe werden schon in den Sportunterricht einbezogen. Im Bereich der subjektiven Körperwahrnehmung sind wir in der Pflicht. Die Zahl der körperbildbezogenen Erkrankungen steigt nach wie vor, weil viele Körper- oder Schönheitsideale insbesondere über TikTok und Instagram transportiert werden, mit denen gerade junge Menschen oft nicht so gut umgehen können. Als Sportpädagoge habe ich nichts gegen virtuelle Realitäten, aber unsere Aufgabe ist eher, zu zeigen, dass die Körpererfahrung für das Aufwachsen junger Menschen sehr wichtig ist. Meinen Auftrag sehe ich deshalb eher in dem Bereich der Körperwahrnehmung und -erfahrung, wie es zum Beispiel ein Basketballspiel sein kann.

Der Nachwuchsleistungssport ist bei euch auch ein sehr großes Thema. Siehst du Chancen darin, den Ganztag stärker zu nutzen, um auch Talente zu fördern?

Auf jeden Fall, sofern eine gute Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen stattfindet. In Münster funktioniert das über die NRW-Sportschule sehr gut. Das sollte in vielen oder gar allen Schulen so gut funktionieren. Dafür müssen die Vereine in die Schulen reingehen und umgekehrt. Im Ganztag geht es nicht nur um Betreuung oder Defizite der Kinder. Es ist ihre Freizeit. Haben Kinder Lust, zu trainieren, sollten wir sie unbedingt unterstützen. Über seine Power könnte auch das Trio aus UBC, Preußen und USC den Ganztag in Münster nach vorne bringen.

2023 gab es die Reform für die Bundesjugendspiele vom normierten Wettkampf zum Wettbewerb. Mich interessiert deine Meinung als Experte der Sportpädagogik.

Ich finde das Thema überbewertet, weil die Bundesjugendspiele nur einmal im Schuljahr stattfinden. Mein Plädoyer ist: Bereitet sie gut vor. Dann ist der Wettbewerb für die Kinder auch ein Highlight. Oft sind sie nicht gut vorbereitet, weil es gerade an Grundschulen nicht genügend Sportkräfte gibt. Wenn jede Leistung honoriert und gefeiert wird, dann kann das ein ganz tolles Event sein. Ich würde immer noch sagen, dass der Großteil der Kinder Lust auf Wettkampf hat, der überhaupt nichts Ehrenrühriges ist. Die Unterscheidung „Wettbewerb anstatt Wettkampf“ gibt es in der Wissenschaft nicht.

Welches Potenzial siehst du im Basketball, um demokratische Partizipation von jungen Menschen zu fördern?

Sportspiele wie Basketball haben Riesenpotenzial zur demokratischen Gestaltung. Junge Menschen lernen, Konflikte konstruktiv zu lösen, um so der Polarisierung entgegenzuwirken. Heute hat vielleicht ein Teammitglied Recht, morgen ein anderes, oder aber ein Kompromiss ist eine gute Lösung. Man kann die Kinder an der Spiel- und Trainingsplanung partizipieren lassen und ihre Bedürfnisse einfließen lassen. Die Kapitänswahl ist ein weiteres Beispiel für Demokratie.

Was wolltest du schon immer mal ausprobieren?

Ich habe eine große Begeisterung für Italien, würde gerne mal für ein Semester dorthin gehen und die Sprache richtig lernen. Ich habe sogar schon Praxis auf Italienisch mit Studierenden gemacht. (lacht) Die haben sich vermutlich totgelacht. Ob ich so ein Semester noch schaffe? In meinem Fachbereich gibt es erst noch einiges zu tun.




Kurzprofil Bildung und Unterricht im Sport am Institut für Sportwissenschaft der Uni Münster
Forschung
Der Arbeitsbereich befasst sich mit der Bildungs- und Unterrichtsforschung im Sport, die als empirische Sozialforschung verstanden. Forschungsergebnisse werden im Rahmen von Publikationen, Qualifikationen und Tagungen präsentiert.
Sportlehrerbildung und Weiterbildung (Personenfaktoren):
Dazu zählen Haltungen und Kompetenzen von Sportstudierenden und Sportlehrkräften. Forschungsprojekte betreffen u.a. die Ausbildung von Sportlehrkräften, die Qualifikation von Übungsleiterinnen und Übungsleitern sowie die Weiterbildungsforschung.
Individuelle Förderung und Aufgabenkultur (Aufgabenfaktoren):
Dazu zählen Aktivitäten von Sportlehrkräften im Sinne einer zielgerichteten, systematischen Förderung. Forschungsprojekte betreffen u.a. die Kreativitätsförderung, die Förderung Exekutiver Funktionen sowie die Förderung von Jungen.
Kinder- und Jugendsport und Ganztagsbildung (Umweltfaktoren):
Dazu zählen Rahmenbedingungen im Sinne einer sozialräumlichen Lernumgebung. Forschungsprojekte betreffen u. a. informelle Lernprozesse, Partizipation und Integration in Schule, Ganztagsschule, Sportverein sowie Bildungsnetzwerke.
Eine Kooperation von Uni Baskets, Münstersche Zeitung und volt. Werbeagentur.

